BAJAJI
- brigittekoehnlein1
- 3. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

Die praktischen und freundlich (wenn auch nicht umweltfreundlich) knatternden Dreiräder mit Rückbank und Verdeck gibt es heute gewiss in den meisten Ländern der Welt. Im deutschsprachigen Wikipedia heißen sie Autorikscha, naja. Wie sie anderswo in Afrika heißen, muss ich noch herausfinden, hier jedenfalls heißen sie Bajaji, das ist abgeleitet vom Namen des Herstellers und es hat eine Zeit gedauert, bis ich es mir endlich merken und halbwegs aussprechen konnte. Hängt es mit den engen historischen Verbindungen beider Länder zusammen, dass das indische Wort den Tansaniern keine Probleme zu machen scheint?
Einen Blog aus dem Globalen Süden mit diesem Thema zu beginnen, ist keine originelle Idee. Aber das Vehikel war nunmal ein wichtiger und positiver Teil meiner allerersten Eindrücke hier, eigentlich sogar das einzige Stück Alltag, dass ich auf meiner ersten Arbeitsreise im Juni zwischen Hotel und Büro erleben durfte. Und es macht mir viel Freude, damit unterwegs zu sein, allein schon des erfrischenden Fahrtwinds wegen, viel angenehmer als jede klimatisierte Fahrgastzelle – wenn demnächst die berüchtigte städtische Hitze ausbricht, mag sich das ändern. Meist bin ich derzeit noch allein unterwegs, dann kann sogar noch eine Reisetasche mit – aber zu dritt (das ist die Kapazitätsgrenze) habe ich es auch schon probiert. Dann muss man – je nach Straßenlage und Fahrstil, als Linkssitzer etwas aufpassen, um in einem der tieferen Schlaglöcher - oder einem der tückischeren Straßenbuckel – über Bord zu gehen.
Wacker behaupten sich die Bajaji im eher anarchischen Getümmel gegen die meist überlegenen anderen motorisierten Verkehrsteilnehmer: die ebenso wilden wie klapprigen Nahverkehrsbusse (dala-dala), die SUVs der Reichen, Regierungsnahen und Entwicklungspartner, die archaisch schnaubenden LKW – und die Mopedtaxis (Boda-Boda), die schneller sind, da sie immer noch eine Lücke finden – die beste Option für Unerschrockene. Manche Bajaji Fahrer sind allerdings auch schon recht findig bei der Erschließung neuer Fahrspuren.
Ich bestelle die Bajaji über Bolt, das Modell scheint hier verbreitet zu sein, nicht nur bei Ausländern. Das eröffnet auch die Möglichkeit zu Orakelspielen, da der Zufall die Farbe des Fahrzeugs bestimmt. Ist es ein gutes Omen, zu Tagesbeginn ein blaues zu erwischen – und was darf ich hoffen oder muss ich befürchten, wenn ich 3mal Rot hintereinander ziehe? Grün und schwarz gibt es auch recht häufig, weiß hingegen nur ganz selten und ein gelbes habe ich noch nie gesehen.
Hinter der begrenzten Farbpalette verbirgt sich übrigens eine große Vielfalt: jedes Bajaji ist anders. Die Sitzbänke unterscheiden sich nach Design, Polsterung und dem Grad des Verschleißes, die Innenverkleidung des Dachs muss auch gewürdigt werden. Manche verfügen auch über liebevolle Ausstattungsdetails nach dem Geschmack des Besitzers oder den vermuteten Präferenzen der Kunden: Einmal sah ich sogar einen kleinen Ventilator zum Selbsteinschalten.
Last not least: die Fahrer. Bei Bolt erfährt man immerhin ihre Namen, wie ihr Erscheinungsbild spiegeln die den kulturellen und ethnischen Mix des Landes (allerdings ohne Inder). Sie wirken oft stoisch und manchmal auch mürrisch, meist aber freundlich. Ansonsten sind sie oft (nicht immer) sehr jung und durchweg männlich. Mehr erfährt man gemeinhin nicht, denn eine Unterhaltung ist wegen der Sitzposition und des Lärms kaum möglich. Inzwischen, das trage ich nach der Erstfassung dieses Textes nach, ist es mir einmal doch gelungen, ein Gespräch zu führen. Die ersten Einblicke in Arbeitsbedingungen und Geschäftsmodell, die ich dabei gewonnen habe, spare ich mir auf für einen späteren Text. HW
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