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Elektrozubehör am Lake Victoria

  • brigittekoehnlein1
  • 14. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

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An alle Ladegeräte habe ich gedacht beim Packen für die kurze Dienstreise nach Mwanza am Lake Victoria, aber doch wieder nicht an den Adapter, der kontinentaleuropäische Stecker mit den hiesigen (britischen?) Steckdosen zu verbinden erlaubt. Das Gold Crest Hotel, ein wuchtiger Neubau mit angeschlossenem Parkhaus in gleicher Höhe, passt schlecht ins Zentrum dieser sehr lebendigen, kleinteilig verschachtelten, klassisch afrikanischen Großstadt. Es ist ein bisschen pompös und ein bisschen verwahrlost – und einen Adapter im Zimmer oder zum Ausleihen hat es nicht. Eigentlich seltsam, da man ihn auch für die Millionen von chinesischen Elektrogeräten benötigt, die hier den Markt beherrschen. Vermutlich sind die Inländer beim Kofferpacken einfach besser organisiert als

ich.


An der Rezeption (hinter dem großzügigen Tresen die üblichen Uhren mit der Ortszeit von Mwanza, Tokyo und New York) verweist man mich auf einen Telefonladen gleich gegenüber. Tatsächlich gibt es dort, was ich brauche, für fünfzehntausend tansanische Schilling laut mündlicher Preisauskunft, das wären fünf oder sechs Euro. Das erscheint mir akzeptabel (dass Inländer vielleicht etwas billiger wegkämen, finde ich in Ordnung). Leider aber reicht mein Bargeldrest nicht, und Kartenzahlung geht hier nicht. Also will ich eine Bargeldmaschine suchen und dann zurückkommen – das aber erscheint dem Händler viel zu riskant. Er will dranbleiben an mir, bis der Deal vollzogen ist. Also schleppt er mich erst einmal nach nebenan in die enge und gut besuchte Apotheke und versucht den Betreiber

zu bequatschen, er solle meine Kartenzahlung annehmen und dann in bar an ihn weiterleiten. Der Apotheker reagiert verhalten und hat ohnehin anderes zu tun. Nach ein paar vergeblichen Anläufen gibt der Händler die Sache auf – um mich nun zum nächsten Geldautomaten zu führen. Der ist tatsächlich ganz in der Nähe, aber gut versteckt – ich hätte ihn übersehen. Der Händler ist taktvoll genug, mich allein in die Bankkabine zu lassen und draußen zu warten, trotzdem gibt mir sein unerschöpflicher Einsatz zu denken. Halbwegs ahne ich schon, was als nächstes passiert: Nachdem ich mit vielen Scheinen in den Laden zurückbegleitet worden bin, soll ich statt fünfZEHN-

fünfZIGtausend zahlen, offenbar habe ich die erste Ansage falsch gehört. Fast 20 Euro: Das erscheint mir nun doch überhöht und ich verlasse die Szene, obwohl der Händler – verständlicherweise frustriert nach all der vergeblichen Mühe - es noch mit fünfundvierzig als Sonderangebot versucht.


Mein Problem bleibt also ungelöst und wird am nächsten Morgen akut: Ich muss im Hotelzimmer bis zum checkout arbeiten und der Akku ist schon fast leer. Einen Supermarkt glaube ich zu brauchen und finde ihn nicht: Das ist keine Stadt für derart moderne Formen des Einzelhandels. Außerdem, so erklärt mir beim Frühstück der mitreisende Kollege, seien die kleinen Läden normalerweise sowieso viel günstiger. Obwohl von den unzähligen Buden ringsherum die allermeisten seltsamerweise Schreibwaren verkaufen (für die es in D-Land gar keine Läden mehr gibt), ist es gar nicht schwer, einen passenden Anbieter zu finden. Im Hardwaregeschäft schickt man mich nach gegenüber und dort weiter nach nebenan zum malerisch vollgestopften Elektrogeschäft einer zierlichen alten Dame, die mir indische Wurzeln zu haben scheint. Sie hat nicht nur einen Adapter, sondern mindestens vier

verschiedene Modelle, darunter auch exakt dasjenige von gestern. Der Preis ist allerdings nicht derselbe, sondern ganze 6.000 Schilling, kaum mehr als ein Zehntel. Vor lauter Begeisterung zahle ich freiwillig 10.000. Ich lobe auch den wunderbaren Laden und erfahre noch, dass er noch älter ist als die Betreiberin. Dass ich hier als Kurzzeitgast aus dem fernen Daressalam kein Stammkunde werden kann, bedauert sie wie ich. Aber weiterempfehlen könnte ich sie doch immerhin – was ich hiermit tue, denn die Dame hat mir auch erklärt, wie das geht, obwohl ihr Laden keinen Namen hat (und mit den Hausnummern ist es auch so eine Sache): Als Landmark dient in der Posta Street der besagte Hardwareladen. Der ist groß, heißt ALIBHARI und hat eine unübersehbar gelbe Front. Von dort auf die andere Straßenseite und dann noch eins weiter nach rechts.


Wer nicht allein deshalb nach Mwanza reisen möchte, findet auch andere Gründe. Das Seeufer liegt mitten in der Stadt im Alltagsgetriebe – und ist trotzdem streckenweise beschaulich. Ansehnlich geformte große Felsbrocken liegen im Wasser und an Land, neben Reihern und Eisvögeln treiben sich dort eine Menge Marabus herum. Manche von Ihnen gehen oder stehen zwischen den sonstigen Passanten am Ufer herum, offensichtlich in schwerwiegende Gedanken versunken. Für Menschen interessieren sie sich kaum. HW

 
 
 

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