Ost-Afrikanische Zugfahrt
- brigittekoehnlein1
- 23. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

Verrostete, überfüllte Wagons ohne Fenster, stundenlange Verspätungen, chaotische Bahnhöfe und lebendes Kleinvieh in den Abteilen, so - das muss ich zugeben - die Bilder, die in meinem Kopf als erstes erschienen. Ich meine, so etwas auch irgendwo über den Zug Richtung Morogoro gelesen zu haben.
Ganz anders die Realität, die wir letzte Woche erlebt haben. Die Zugfahrt von Daressalam nach Morogoro war schnell, bequem, pünktlich auf die Minute und sehr gut organisiert. Die Tickets kann man einfach und leicht im Internet kaufen, sie kosten für eine Strecke von rund 200 Kilometern in der einfachsten Klasse ungefähr 4 Euro. Die Fahrt dauert unter zwei Stunden, als Fahrzeit mit dem Auto nennt Google 4 – 5 Stunden, da ist es kein Wunder, das der Zug oft ausgebucht ist.
Seit 2024 fährt die SGR (Standard Gauge Railway) parallel zur alten Central Line aus der Kolonialzeit, man sieht von der Strecke aus die alten Gleise. Heute ist die offizielle Hauptstadt Dodoma die Endstation, die Strecke soll aber bis zum Viktoriasee weitergeführt werden. Am Ende, so der East African Railway Master Plan, sollen mit der Bahnlinie auch Ruanda, Burundi und der Congo mit dem Meer verbunden werden. Hoffen wir, dass man dabei nicht im Tempo der Sanierung der Deutschen Bahn vorgeht.
Der Bahnhof in Daressalam ist ein zackiges Glasgebäude, das an einer breiten Straße mit komplizierter Verkehrsführung liegt. Ein Alptraum, hier selber den Weg finden zu müssen. Am Eingang wird man nach der Sicherheitskontrolle im Flughafenstil vom Father of the Nation begrüßt, der einem von einem Mosaik herunter freundlich-väterlich zulächelt. Zum Bahnsteig geht es drei Rolltreppen hoch, den blitzsauberen Wartesaal erreicht man durch eine elektronische Schranke. Ausländer müssen sonderbarerweise zum Immigration Schalter, dabei sind wir ja schon da. Man kann Zugang zum Internet kaufen, das heißt auf Suaheli netterweise „Intaneti“. Jeder Wagon hat einen Assistenten oder ein Assistentin in orange-brauner Uniform, die die Gäste beim Einstieg freundlich lächelnd begrüßen, während der Fahrt Getränke und Snacks anbieten. Das einzige, was bemängelt werden könnte: Das Bier ist nicht kalt. Die Bahnsteige sind umzäunt und kein Papierchen findet sich auf dem Pflaster. Da man eigentlich zwei Stunden vor Abfahrt da sein soll, sitze ich länger in meinem bequemen, modernen Zugsessel und schaue auf die verfallenden Schuppen der alten Bahn, auf Wohnhäuser mit tropisch geschwärzten Fassaden, auf glänzende Bürohochhäuser, chaotische Hinterhöfe und auf den Hafen, wo gerade ein riesiger Autofrachter ohne jeden Rost angelegt hat. Und ich staune über so viel Kontrast. Die Mitreisenden sehen alle in ihre Smartphones, nur ein kleines Mädchen macht Fotos von uns Exoten.
Die Fahrt geht glatt, in Morogoro gehen wir alle ordentlich und gemessenen Schritts zum Ausgang des polierten Bahnhofsgebäudes. Auf dem Parkplatz verlassen wir dann
die Insel der extremen Ordnung, hier beginnt wieder das gewöhnliche, unordentliche Leben: Die zahlreichen Fahrer der Bajajis, Bodas und Taxis, alle mit Signalwesten, bieten offensiv und hartnäckig ihren Service an. Da wünsche ich mir, dass ich zumindest den Satz „Vielen Dank, aber wir werden abgeholt“ auf Suaheli schon gelernt hätte. In der Welt der SGR kommt man wunderbar mit Englisch klar. BK
Danke für diesen weiteren Eindruck... mir stellt sich die Frage, ob das eines der berühmten Projekte Chinas in Afrika ist?
Schöner Beitrag: Die Erwartung über afrikanische Zugfahrt mit dieser Realität zu kontrastieren hat mir sehr gefallen. Hast du eine Ahnung, was der Grund für die hohe Qualität des Zugsystems ist?